GensPublié le 21.09.2023

Nachruf HERMANN ALEXANDER SCHLÖGL (22. JULI 1932 bis 14. JANUAR 2023)


HERMANN ALEXANDER SCHLÖGL
22. JULI 1932 bis 14. JANUAR 2023
NACHRUF
Der Ägyptologe Hermann Alexander Schlögl promovierte 1979 an der Universität Basel bei Professor
Erik Hornung mit DER GOTT TATENEN NACH TEXTEN UND BILDERN DES NEUEN REICHES. Von 1980
bis 2000 lehrte er an der Universität Fribourg (Freiburg, Schweiz) das Fach Ägyptologie. Er verstarb
nach längerer Krankheit mitten aus seiner publizistischen Tätigkeit.
Nach seinem Abitur in München im Jahr 1952 studierte er an der dortigen Universität Literatur- und
Theaterwissenschaften und legte gleichzeitig in München unter Adolf Gondrell die Abschlussprüfung
für Schauspiel ab. In der Folge betätigte er sich an bekannten deutschsprachigen Bühnen wie dem
Nordmark-Landestheater Schleswig, an der Städtischen Bühne Ulm bei Kurt Hübner unter anderen
mit Peter Zadek, am Theater der Hansestadt Lübeck und an den Städtischen Bühnen Wuppertal bei
Arno Wüstenhöfer unter anderen mit Ulrich Brecht und zuletzt am Zürcher Schauspielhaus
insbesondere in Thomas Bernhard EIN FEST FÜR BORIS zusammen mit Agnes Fink inszeniert von Karl
Fruchtmann.
An die zwanzig Jahre erfolgreicher Bühnentätigkeit schloss Hermann Schlögl ab 1972 das Studium der
Ägyptologie, der Archäologie und der Alten Geschichte an, zunächst an der Universität Zürich und in
der Folge an der Universität Basel. In Zürich erfuhr er im Fach Alte Geschichte spezielle Förderung
durch seinen geschätzten Lehrer Professor Peter Frei und in der Archäologie durch Professor
Hansjörg Bloesch; beide erkannten den Eifer, den Fleiss und das Durchhaltevermögen dieses
zielstrebigen Studenten, der für eine Seminararbeit zu römischen Stätten im Balkan reiste und sich
früh im Erarbeiten archäologischer Ausstellungen (DAS TIER IN DER ANTIKE, Zürich 1974) engagierte.
Im Hauptfach Ägyptologie war es Professor Erik Hornung an der Universität Basel, bei welchem
Hermann Schlögl im Jahr 1976 mit der Arbeit DER SONNENGOTT AUF DER BLÜTE das Lizenziat
ablegte. Anschliessend wandte er sich seinem Dissertationsthema DER GOTT TATENEN zu, das er
1979 abschloss. Parallel zu dieser Arbeit bereitete er im Auftrag des Schweizerischen Bankverein in
Zusammenarbeit mit dem Ägyptologischen Seminar der Universität Basel und mit der Universität
Zürich seine erste grosse Ägypten-Ausstellung GESCHENK DES NILS vor, die 1978 in Basel eröffnet
werden konnte. Mit grossem Respekt knüpfte er Kontakte zu den damals prominentesten Sammlern
der Schweiz und konnte somit eine Vielzahl an Altägyptischen Kunstwerken aus Privatbesitz zum
ersten Mal in der Öffentlichkeit zeigen.
Nach der Promotion 1979 erfolgte auf das Sommersemester 1980 die Berufung als Dozent für
Ägyptologie an die Universität Fribourg (Freiburg, Schweiz). Hier begeisterte er während zwanzig
Jahren eine stetig wachsende Studentenschar für sein Fach und führte diese von Grund auf in die
Hieroglyphenschrift und die verschiedenen Sprachstufen der Alt-Ägyptischen Sprache ein, gab
spannende Vorlesungen über die 4000 Jahre währende, reiche und wechselhafte Geschichte des
Volkes am Nil und liess das gesamte Spektrum der Kunstgeschichte vom monumentalen
Kunstschaffen bis hin zu den in ausserordentlicher Vielfalt vorhandenen Kleinkunstwerken und
Amuletten bildhaft erstehen. Dass das Volk der Alten Ägypter ein echtes Sprachvolk war, zeigte er
seinen Schülern in Seminarübungen, wo Texte aller Gattungen, historische Berichte, Weisheitslehren
und Liebeslyrik gelesen, übersetzt und kommentiert wurden. Er war ein begnadeter Lehrer, der in
der Ausstrahlung seiner eigenen Begeisterung die Schüler zu fesseln vermochte; als glänzender
Redner – ohne Mikrophon jederzeit bis in hinterste Reihen mühelos verständlich, eine Gabe, die er
von seiner früheren Bühnentätigkeit mitbrachte – vermochte er jeder einzelnen Vorlesung einen
roten Faden zu geben und pünktlich zum Glockenschlag den wohl formulierten Schlusssatz zu setzen.
In seiner Lehrtätigkeit an der Universität Fribourg fand er in seinen Kollegen Professor Othmar Keel
(Alttestamentliche Bibelwissenschaft und Biblische Umwelt) und Professor Lilly Kahil (Klassische
Archäologie) stets wertvolle Unterstützung, beispielsweise wenn es um Bereitstellung von Mitteln für
Lehrveranstaltungen ausserhalb des universitären Unterrichts ging: So konnte er mit seinen
Studenten in den Semesterferien Exkursionen zu wichtigen Sammlungen Altägyptischer Kunst in
europäischen Museen durchführen und den Unterricht ergänzen mit kleineren Reisen nach Ägypten,
speziell in die Regionen Kairo und Luxor, wo der Anschauungsunterricht vor Ort grossen Anklang
fand.
Bereits während seiner Studien- und Lehrtätigkeit und in vermehrtem Mass nach seiner Emeritierung
verfasste er zahlreiche Publikationen. Ein Schwerpunktthema waren die Uschebtifiguren, ein
Figurentypus, der ihn in seiner Vielfalt faszinierte; mehrfach spürte er einzelnen Eignern solcher
„Arbeiter des Jenseits“, die dem Verstorbenen mit ins Grab gegeben wurden, nach und liess ganze
Biographien erstehen, die uns eindrückliche Einblicke ins öffentliche und private Leben der Alten
Ägypter geben. Aus seiner Feder stammt das Standardwerk ÄGYPTISCHE TOTENFIGUREN AUS
ÖFFENTLICHEN UND PRIVATEN SAMMLUNGEN DER SCHWEIZ (OBO 1990; zusammen mit Andreas
Brodbeck) und weitere Publikationen wie ARBEITER DES JENSEITS (Zürich 11977; zusammen mit
Michel Sguaitamatti) und CORPUS DER ÄGYPTISCHEN TOTENFIGUREN DER ÖFFENTLICHEN
SAMMLUNGEN KRAKAUS (Krakau 2000). Mit Übersetzungen Altägyptischer Texte wie
LIEBESGEDICHTE (Aachen 2014) und WEISHEIT (München 2007 und Aachen 2019) präsentierte er
markante Beispiele der vielschichtigen Dichtkunst aus der Hochkultur am Nil. Verteilt über seine
gesamte Schaffensperiode beteiligte er sich mehrfach massgebend an Konzepten und Katalogen zu
Ausstellungen mit Altägyptischer Thematik, zuletzt in DIE PYRAMIDE VON INNEN (Baden-Baden
2010). Sein Hauptwerk ist DAS ALTE ÄGYPTEN – GESCHICHTE UND KULTUR VON DER FRÜHZEIT BIS ZU
KLEOPATRA (München 12006), das auch in polnischer Sprache erschien sowie als Kurzfassung in
Deutsch, Italienisch, Türkisch und Chinesisch international präsent ist. Er schrieb mehrere
Monographien wie RAMSES (Reinbek 11993), ECHNATON (Reinbek 11986 und München 12008),
NOFRETETE (München 12012), die mehrfach aufgelegt teilweise auch übersetzt vorliegen. Die
Amarnazeit bildet darin kunsthistorisch wie genealogisch einen Schwerpunkt. In Zeitschriften und
Beiträgen zu Festschriften hat er eine Vielzahl von Einzelobjekten und Objektgruppen publiziert.
Daneben erarbeitete er Sammelbände mit historisch relevanten und kunsthandwerklich
herausragenden Objekten aus allen Perioden der Hochkultur am Nil, die er in Text und Bild in ihr
historisches Umfeld einbettete: KUNST UND HANDWERK AUS ÄGYPTENS GOLDENER ZEIT (Wiesbaden
2018), LEBENSGESCHICHTEN IM ALTEN ÄGYPTEN (Wiesbaden 2021), ÄGYPTEN – GESCHICHTE IN
STEIN (Wiesbaden 2023). Dabei war es ihm stets ein Anliegen, die Inhalte wissenschaftlich präzis und
umfassend darzulegen und gleichzeitig in einer Sprache zu formulieren, die auch dem interessierten
Laien zugänglich ist.